BetrVG § 14 - Personen- und Listenwahl
Betriebsverfassungsgesetz - Wann gilt welches Wahlverfahren? Personenwahl (Mehrheitswahl) oder Listenwahl (Verhältniswahl)? - § 14 BetrVG
§ 14 BetrVG - Wahlvorschriften
(1) Der Betriebsrat wird in geheimer und unmittelbarer Wahl gewählt.
(2) Die Wahl erfolgt nach den Grundsätzen der Verhältniswahl. Sie erfolgt nach den
Grundsätzen der Mehrheitswahl, wenn
nur ein Wahlvorschlag eingereicht wird oder wenn der Betriebsrat im vereinfachten
Wahlverfahren nach § 14a zu wählen ist.
(3) Zur Wahl des Betriebsrats können die wahlberechtigten Arbeitnehmer
und die im Betrieb vertretenen Gewerkschaften Wahlvorschläge machen.
(4) Jeder Wahlvorschlag der Arbeitnehmer muss von mindestens einem
Zwanzigstel der wahlberechtigten Arbeitnehmer, mindestens jedoch von
drei Wahlberechtigten unterzeichnet sein; in Betrieben mit in der Regel
bis zu zwanzig wahlberechtigten Arbeitnehmern genügt die Unterzeichnung
durch zwei Wahlberechtigte. In jedem Fall genügt die Unterzeichnung
durch fünfzig wahlberechtigte Arbeitnehmer.
(5) Jeder Wahlvorschlag einer Gewerkschaft muss von zwei Beauftragten
unterzeichnet sein.
Erläuterungen zur Personenwahl (Mehrheitswahl)
Bei der Personenwahl
(im Unterschied zur Listenwahl stand
also nur eine einzige Vorschlagsliste zur Wahl) erfolgt die Verteilung der
Betriebsratssitze nach den Grundsätzen der Mehrheitswahl.
Da auch bei der Personenwahl das Minderheitengeschlecht die dafür
vorgesehenen Mindestsitze bekommen muss, werden zunächst die
dem Minderheitengeschlecht zustehenden Mindestsitze verteilt. Dazu
werden die dem Minderheitengeschlecht zustehenden Mindestsitze mit
Angehörigen dieses Geschlechts in der Reihenfolge der jeweils
höchsten auf sie entfallenen Stimmenzahlen besetzt
(§ 22 Abs. 1 WahlO).
Beispiel: Im Betrieb sind 55 wahlberechtigte Arbeitnehmer,
darunter 33 Männer und 22 Frauen, beschäftigt. Bei dieser
Belegschaftsgröße besteht der Betriebsrat aus 5 Mitgliedern (vgl.
§ 9 BetrVG). Die Ermittlung der Mindestsitze für das Minderheitengeschlecht
hat ergeben, dass 3 Sitze auf Männer und 2 Sitze auf Frauen entfallen.
Es gab 8 Kandidaten, darunter 5 Männer und 3 Frauen. Insgesamt wurden
50 Stimmen abgegeben, die sich wie folgt verteilen:
Frau 1: 8 Stimmen
Mann 1: 7 Stimmen
Frau 2: 2 Stimmen
Mann 2: 10 Stimmen
Frau 3: 4 Stimmen
Mann 3: 3 Stimmen
Mann 4: 8 Stimmen
Mann 5: 9 Stimmen
Zur Erfüllung der Mindestsitze des Minderheitengeschlechts erhalten
Frau 1 und Frau 3 zunächst einen Sitz.
Nach der Verteilung der Mindestsitze des Minderheitengeschlechts erfolgt die
Verteilung der weiteren Sitze. Diese werden unabhängig
von dem Geschlecht mit den Kandidaten in der Reihenfolge der jeweils
höchsten auf sie entfallenen Stimmenzahlen besetzt
(§ 22 Abs. 2 WahlO).
Beispiel: In dem Beispiel erhalten also Mann 2, Mann 5 und
Mann 4 einen Sitz im Betriebsrat.
Haben die für den zuletzt zu vergebenen Betriebsratssitz mehrere
Kandidaten die gleiche Anzahl von Stimmen erhalten, so wird unter diesen
ausgelost, wer den Sitz erhält (§ 22 Abs. 3 WahlO).
Falls sich weniger Angehörige des Minderheitengeschlechts zur Wahl
gestellt haben oder weniger Angehörige dieses Geschlechts gewählt
worden sind als Mindestsitze zustehen, sind die insoweit
überschüssigen Mitgliedersitze des Geschlechts in der
Minderheit auf das andere Geschlecht in der Reihenfolge der jeweils
höchsten auf sie entfallenen Stimmenzahlen zu verteilen
(§ 22 Abs. 4 WahlO).
Erläuterungen zur Listenwahl (Verhältniswahl)
Bei der Listenwahl
(hierbei stehen im Unterschied zur Personenwahl der Belegschaft mehrere Vorschlagslisten zur
Auswahl) ist die endgültige Sitzverteilung im Betreibsrat anhand des
Grundsatzes der Verhältniswahl vorzunehmen. Dabei werden
die einzelnen Betriebsratssitze zunächst auf die jeweiligen Vorschlagslisten
verteilt. D.h. es werden die für die einzelnen Vorschlagslisten gegebenen
Stimmenzahlen in einer Reihe nebeneinander gestellt und sämtlich
durch 1, 2, 3, 4 etc. geteilt. Die ermittelten Teilzahlen
sind nacheinander dann reihenweise unter den Zahlen der ersten Reihe
aufzuführen, bis höhere Teilzahlen für die Zuweisung der
zu verteilenden Sitze nicht mehr in Betracht kommen
(§ 15 Abs. 1 WahlO).
Unter den so gefundenen Teilzahlen werden so viele Höchstzahlen
ausgesondert und der Größe nach geordnet , wie
Betriebsratsmitglieder zu wählen sind. Jede Vorschlagsliste erhält
so viele Mitgliedersitze zugeteilt, wie Höchstzahlen auf sie entfallen.
Entfällt die niedrigste in Betracht kommende Höchstzahl auf mehrere
Vorschlagslisten zugleich, so entscheidet das Los darüber, welcher
Vorschlagsliste dieser Sitz zufällt (§ 15 Abs. 2 WahlO).
Enthält eine Vorschlagsliste weniger Kandidaten, als Höchstzahlen
auf sie entfallen, gehen die überschüssigen Sitze auf die folgenden
Höchstzahlen der anderen Vorschlagslisten über
(§ 15 Abs. 3 WahlO).
Die Kandidatenreihenfolge innerhalb der einzelnen
Vorschlagsliste bestimmt sich nach der Reihenfolge ihrer Benennung
(§ 15 Abs. 4 WahlO). Sie kann also nicht durch die
Wahl verändert werden.
Beispiel: Im Betrieb sind 98 wahlberechtigte Arbeitnehmer,
darunter 61 Männer und 37 Frauen, beschäftigt. Bei dieser
Belegschaftsgröße besteht der Betriebsrat aus 5 Mitgliedern
(vgl. § 9 BetrVG). Die Ermittlung der Mindestsitze für
das Minderheitengeschlecht hat ergeben, dass 3 Sitze auf Männer und 2
Sitze auf Frauen entfallen.
Es gab 3 Vorschlagslisten zur Wahl. Von den insgesamt 80 abgegebenen Stimmen
entfielen auf
Liste 1: 44 Stimmen
Liste 2: 21 Stimmen
Liste 3: 15 Stimmen.
Liste 1 : 44 |
Liste 2 : 21 |
Liste 3 : 15 Stimmen |
Mann : 1 = 44 |
Frau : 1 = 21 |
Mann : 1 = 15 |
Mann : 2 = 22 |
Mann : 2 = 10,5 |
Mann : 2 = 7,5 |
Mann : 3 = 14,67 |
Frau : 3 = 7 |
Mann : 3 = 5 |
Mann : 4 = 11 |
Frau : 4 = 5,25 |
Frau : 4 = 3,75 |
Mann : 5 = 8,8 |
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Mann : 6 = 7,3 |
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Demnach würden in diesem Beispiel 3 Sitze auf Liste
EINS und je 1 Sitz auf Liste ZWEI und DREI entfallen.
Nachdem der Wahlvorstand die Sitze auf die einzelnen Vorschlagslisten verteilt
hat, muss er listenübergreifend prüfen, ob bei der Sitzverteilung
auf das Minderheitengeschlecht die vorgeschriebenen Mindestsitze entfallen.
Entfallen auf das Minderheitengeschlecht die vorgeschriebenen Mindestsitze oder
mehr Sitze, bleibt es bei dem ermittelten Wahlergebnis.
Beispiel: Dies war im oben genannten Beispiel nicht der
Fall. Danach entfielen 4 Sitze auf "Männer" und nur 1 Sitz auf "Frauen",
obwohl den Frauen mindestens 2 Sitze im Betriebsrat zustehen.
Ist das Minderheitengeschlecht nach der Sitzverteilung nicht mit der
vorgeschriebenen Anzahl an Mindestsitzen vertreten, muss das ermittelte Ergebnis
korrigiert werden. An die Stelle der auf der Vorschlagsliste mit der
niedrigsten Höchstzahl benannten Person, die nicht dem Minderheitengeschlecht
angehört, tritt die in derselben Vorschlagsliste in der Reihenfolge nach
ihr benannte, nicht berücksichtigte Person des Minderheitengeschlechts
(§ 15 Abs. 5 Nr. 1 WahlO).
Beispiel: In dem Beispiel ist Liste 1 die Vorschlagsliste
mit der niedrigsten Höchstzahl (14,67). Auf Liste 1 ist aber keine Person
des Minderheitengeschlechts (Frau) mehr vorhanden. Wäre dies der Fall,
hätte diese Person den Vorrang
Für den Fall wie im obigen Beispiel, dass also diese Vorschlagsliste
keine Person des Minderheitengeschlechts enthält, geht dieser Sitz auf
die Vorschlagsliste mit der folgenden, noch nicht berücksichtigten
Höchstzahl und mit einem Angehörigen des Minderheitengeschlechts
über. Sollte die folgende Höchstzahl auf mehrere Vorschlagslisten
entfallen, wird ausgelost, auf welche Vorschlagsliste dieser Sitz entfällt
(§ 15 Abs. 5 Nr. 2 WahlO).
Beispiel: In dem Beispiel entfällt auf Liste 2 die
nächste nicht berücksichtigte Höchstzahl. Auf Liste 2 befindet
sich an dritter Stelle eine Person des Minderheitengeschlechts (Frau) mit der
Höchstzahl 7. Daher wird das Ergebnis dahingehend korrigiert, dass jetzt je
zwei Sitze auf Liste EINS und ZWEI entfallen und ein
Sitz auf Liste DREI entfällt.
Diese Korrektur des Wahlergebnisses ist solange fortzusetzen, bis der
Mindestanteil der Sitze des Minderheitengeschlechts erreicht ist
(§ 15 Abs. 5 Nr. 3 WahlO).
Bei der Verteilung der Sitze des Minderheitengeschlechts sind auf
den einzelnen Vorschlagslisten nur die Angehörigen dieses Geschlechts in
der Reihenfolge ihrer Benennung zu berücksichtigen
(§ 15 Abs. 5 Nr. 4 WahlO).
Beispiel: Demnach entfallen in dem Beispiel die
Betriebsratssitze auf die beiden zuerst genannten Kandidaten von Liste 1, an
den zuerst genannten Kandidaten von Liste 3 und an die an erster und dritter
Stelle genannten Kandidatinnen von Liste 2.
Wenn auf keiner anderen Vorschlagsliste Personen des
Minderheitengeschlechts steht, bleibt der Sitz bei der Vorschlagsliste,
die zuletzt ihren Sitz zu Gunsten des Minderheitengeschlechts hätte abgeben
müssen (§ 15 Abs. 5 Nr. 5 WahlO):
Zusätzliche Informationen
Weitere Informationen zur Betriebsratswahl siehe Wikipedia
Als Gewerkschaftsmitglied steht Ihnen natürlich Ihre Gewerkschaft kostenlos
mit Rat und Tat zur Seite. Siehe auch "Wie entsteht eigentlich ein Betriebsrat?"