BetrVG § 30 und § 31 - Betriebsratssitzungen
Betriebsverfassungsgesetz - Betriebsratssitzungen, Teilnahme der Gewerkschaften - § 30 und § 31 BetrVG
§ 30 BetrVG - Betriebsratssitzungen
Die Sitzungen des Betriebsrats finden in der Regel während der Arbeitszeit
statt. Der Betriebsrat hat bei der Ansetzung von Betriebsratssitzungen auf die
betrieblichen Notwendigkeiten Rücksicht zu nehmen. Der Arbeitgeber ist vom
Zeitpunkt der Sitzung vorher zu verständigen. Die Sitzungen des Betriebsrats
sind nicht öffentlich.
§ 31 BetrVG - Teilnahme der Gewerkschaften
Auf Antrag von einem Viertel der Mitglieder des Betriebsrats kann
ein Beauftragter einer im Betriebsrat vertretenen Gewerkschaft an den Sitzungen
beratend teilnehmen; in diesem Fall sind der Zeitpunkt der Sitzung und die
Tagesordnung der Gewerkschaft rechtzeitig mitzuteilen.
Anmerkungen (aus der Rechtsprechung):
Eine im Betriebsrat vertretene Gewerkschaft
Eine im Betriebsrat (nicht nur im Betrieb) vertretene Gewerkschaft
hat im Gegensatz zu Betriebsversammlungen (§ 46 Abs. 1 BetrVG) kein selbstständiges Teilnahmerecht
an BR-Sitzungen. Allerdings hat der BR bzw. ein Viertel der BR-Mitglieder
jederzeit die Möglichkeit, die Einladung und Hinzuziehung von Beauftragten
der im BR vertretenen Gewerkschaft zu veranlassen. Der Antrag auf Hinzuziehung
eines Beauftragten einer im BR vertretenen Gewerkschaft kann von einem Viertel
der Mitglieder des BR gestellt werden und ist an den BR-Vorsitzenden zu richten.
Ausschlaggebend für die Antragsstellung ist jeweils die Gesamtzahl der
Mitglieder des BR-Gremiums und nicht die Zahl der anwesenden oder an der
Beschlussfassung teilnehmenden BR-Mitglieder.
Hinzuziehung sowohl im Einzelfall als auch generell
Das BAG hat festgestellt, dass die Hinzuziehung von
Gewerkschaftsbeauftragten durch den BR sowohl im Einzelfall als auch generell
beschlossen bzw. in der Geschäftsordnung des BR vorgesehen werden kann.
Für den Beschluss genügt die Mehrheit der anwesenden BR-Mitglieder (§ 33 BetrVG). Dagegen ist
für die Aufnahme in die Geschäftsordnung die Mehrheit der Stimmen
aller BR-Mitglieder erforderlich (§ 36 BetrVG). Der Betriebsrat ist nicht verpflichtet, jede
vertretene Gewerkschaft hinzuzuziehen, sondern kann seine Entscheidung auf eine
bestimmte Gewerkschaft beschränken. Die Gewerkschaft andererseits ist nicht
verpflichtet, einen Beauftragten zur Sitzung des BR zu entsenden, wenn ihr seitens
eines BR eine entsprechende Aufforderung zugeht. In dem Zusammenhang obliegt
ausschließlich der Gewerkschaft die Auswahlentscheidung für die zu
entsendende/n Person/en.
Ablehnung durch Mehrheitsbeschluss des BR nicht möglich
Der Antrag auf Hinzuziehung von Beauftragten einer Gewerkschaft
kann nicht durch Mehrheitsbeschluss des BR abgelehnt werden. Nach dieser
Vorschrift gestellte Anträge haben immer den rechtlichen Charakter eines
verbindlichen Verlangens, so dass sich eine Beschlussfassung des BR erübrigt.
Die Antragstellung ist nicht an eine bestimmte Form gebunden; der Antrag kann
somit auch mündlich in einer BR-Sitzung gestellt werden. Er bedarf auch
keiner Begründung.
Voraussetzung für die Hinzuziehung ist, dass die Gewerkschaft mindestens
mit einem Mitglied im BR vertreten ist. Auch der Vorsitzende des BR ist nicht
befugt, ohne Beschluss des BR oder eine verbindliche Antragstellung einen
Gewerkschaftsbeauftragten eigenmächtig zu einer Sitzung zuzulassen oder
hinzuzuziehen. Entspricht der Vorsitzende dem Antrag nicht, handelt er
pflichtwidrig.
Hinzuziehung auch zu sonstigen Besprechungen
mit dem Arbeitgeber
Die Hinzuziehung von Gewerkschaftsbeauftragten beschränkt
sich nicht auf die Teilnahme an förmlichen Sitzungen des BR i. S. d. § 30 BetrVG. Es besteht
somit die Möglichkeit, durch Mehrheitsbeschluss die Hinzuziehung eines
Gewerkschaftsbeauftragten zu sonstigen Besprechungen mit dem AG oder anderen
Stellen durchzusetzen. Dies gilt jedenfalls bei Verhandlungen, z. B. zum
Abschluss von Betriebsvereinbarungen.
Zugang von Gewerkschaftsbeauftragten zum Betrieb
Unabhängig vom speziellen Zugangsrecht zu einer bzw. zu den Betriebsratssitzungen
(siehe oben, § 31 BetrVG) für die im Betriebsrat vertretenen
Gewerkschaften und auch unabhängig vom generellen Zugangsrecht zu Abteilungs-
und Betriebsversammlungen (§
46 BetrVG) für die im Betrieb vertretenen Gewerkschaften,
besteht das Recht der im Betrieb vertretenen Gewerkschaften
auch auf Zugang zu anderen betrieblichen Versammlungen oder Zusammenkünften,
wenn diese im Rahmen der betriebsverfassungsrechtlichen Unterstützungs- und
Beratungsfunktion der Gewerkschaft liegen. Für die im Betrieb
vertretenen Gewerkschaften besteht darüber hinaus auch das Recht auf Zugang
zum Betrieb und ggf. auch zu einzelnen Betriebspunkten im Rahmen ihrer
koalitionsrechtlichen Aufgaben nach Art. 9 Abs. 3 GG. Eine Beschränkung des Zugangs hinsichtlich
der Dauer, des Zeitpunktes und der Häufigkeit der Anwesenheit ergibt sich nur
in sehr engen Grenzen (Störung des Betriebsablaufs z.B. in Reinsträumen, zwingende
Sicherheitsvorschriften in Gefahrenbereichen). Das Zugangsrecht der Gewerkschaft
ist somit nicht auf bestimmte Betriebsbereiche, wie etwa das BR-Zimmer,
BR-Sitzungsräume oder die Betriebsversammlung, beschränkt. Nahezu unbestritten
ist das Zugangsrecht, wenn es aus der betriebsverfassungsrechtlichen
Unterstützungsfunktion der Gewerkschaft heraus erforderlich wird.
Auch das BAG hat anerkannt, dass ein Zutrittsrecht neben dem speziellen
konkret aufgabenbezogenen Anlass immer dann besteht, wenn ein »in einem inneren
Zusammenhang zum BetrVG« stehender Sachverhalt gegeben ist. Die Überwachungsrechte
gem. § 23 BetrVG und § 119 BetrVG machen deutlich,
dass das Zugangsrecht der Gewerkschaft auch unabhängig vom Ersuchen oder der
Zustimmung des BR besteht. Das ergibt sich bereits daraus, dass den Gewerkschaften
betriebsverfassungsrechtliche Aufgaben, die den Zugang zum Betrieb notwendig
machen, selbst in den Fällen zugewiesen sind, in denen ein BR nicht besteht.
Der Arbeitgeber ist über den beabsichtigten Zugang der Gewerkschaft zum
Betrieb zu unterrichten; die Unterrichtung unmittelbar vor Beginn des Besuchs
reicht regelmäßig aus. Das Einverständnis des Arbeitgebers ist keine
Voraussetzung des Zutrittsrechts! Ein Recht des Arbeitgebers, den
Gewerkschaftsbeauftragten gegen seinen Willen zu begleiten, etwa beim Zutritt
zu bestimmten Betriebsteilen oder Arbeitsplätzen, besteht nicht. Eine
Beaufsichtigung, insbesondere durch Werkschutzmitarbeiter (Security), stellt
eine unzulässige Behinderung des Zugangsrechts dar.
Wer ist Beauftragter der Gewerkschaft?
Der zu entsendende Gewerkschaftsbeauftragte muss nicht Angestellter
der Gewerkschaft sein. Die Gewerkschaft kann jedes ihrer Mitglieder als
Beauftragten entsenden, ggf. auch einen Arbeitnehmer des betreffenden Betriebs
bzw. ein ehrenamtlicher Funktionär eines anderen Betriebs. Die fachliche
Qualifikation des Gewerkschaftsbeauftragten ist für die Zulässigkeit
der Entsendung ohne Bedeutung.
Mit beratender Stimme Einfluss auf die Willensbildung
Der Beauftragte der Gewerkschaft nimmt mit beratender Stimme an der
Sitzung teil, d. h., er kann auf die Willensbildung des BR Einfluss nehmen. Er
darf sich nicht an der Beschlussfassung beteiligen und kann keine Anträge
stellen, solche aber jederzeit anregen. Ihm ist auf Antrag das Wort zu erteilen.
Er kann bei Abstimmungen zugegen sein. Der AG darf dem Beauftragten der Gewerkschaft
den Zutritt zum Betrieb zur Teilnahme an BR-Sitzungen (und auch Betriebsversammlungen)
nicht verweigern, so die ständige Rechtsprechung.