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BetrVG § 111 - Betriebsänderungen

Betriebsverfassungsgesetz - Betriebsänderungen - § 111 BetrVG

§ 111 BetrVG - Betriebsänderungen

In Unternehmen mit in der Regel mehr als zwanzig wahlberechtigten Arbeitnehmern hat der Unternehmer den Betriebsrat über geplante Betriebsänderungen, die wesentliche Nachteile für die Belegschaft oder erhebliche Teile der Belegschaft zur Folge haben können, rechtzeitig und umfassend zu unterrichten und die geplanten Betriebsänderungen mit dem Betriebsrat zu beraten. Der Betriebsrat kann in Unternehmen mit mehr als 300 Arbeitnehmern zu seiner Unterstützung einen Berater hinzuziehen; § 80 Abs. 4 gilt entsprechend; im übrigen bleibt § 80 Abs. 3 unberührt. Als Betriebsänderung in Sinne des Satzes 1 gelten

  1. Einschränkung und Stilllegung des ganzen Betriebs oder von wesentlichen Betriebsteilen,
  2. Verlegung des ganzen Betriebs oder von wesentlichen Betriebsteilen,
  3. Zusammenschluss mit anderen Betrieben oder die Spaltung von Betrieben,
  4. grundlegende Änderungen der Betriebsorganisation, des Betriebszwecks oder der Betriebsanlagen,
  5. Einführung grundlegend neuer Arbeitsmethoden und Fertigungsverfahren.

Anmerkungen (aus der Rechtsprechung):

Betriebsänderung

Die geplante Betriebsänderung muss wesentliche Nachteile für die Belegschaft oder erhebliche Teile der Belegschaft haben können. Wesentliche Nachteile sind u. a.

  • Arbeitsplatzunsicherheit,
  • Arbeitserschwernis,
  • Verdienstminderung,
  • längere Wege zur Arbeit,
  • Leistungsverdichtung,
  • qualitätsgeminderte Tätigkeiten,
  • Entlassungen, usw.

Die gesetzliche Definition geht von der Gesamtbelegschaft oder einem erheblichen Teil der Belegschaft aus. Das Bundesarbeitsgericht (BAG) stellt auf das Verhältnis der Zahl der voraussichtlich betroffenen Arbeitnehmer zur Gesamtzahl der im Betrieb Beschäftigten ab. Es kann davon ausgegangen werden, dass mindestens 5 % der Belegschaft des Betriebs von der Betriebsänderung betroffen sein müssen, um von einem "erheblichen Teil der Belegschaft" zu sprechen. Bei dieser Festlegung ist aber wichtig, dass man eine Betriebsänderung nicht in seine Einzelmaßnahmen zerlegt, sondern auf die zusammenhängend geplante unternehmerische Maßnahme abhebt.

Vor Durchführung einer Maßnahme, die eine Betriebsänderung im Sinn von § 111 BetrVG sein könnte, können Arbeitgeber und Betriebsrat in einem Beschlussverfahren klären, ob die geplante Maßnahme Beteiligungsrechte des Betriebsrats auslöst. Das Rechtsschutzinteresse an einer solchen Klärung entfällt für den Betriebsrat auch dann nicht, wenn der Arbeitgeber nur »unter Vorbehalt« zu Verhandlungen bereit ist.

Informationspflichten des Arbeitgebers

Der Betriebsrat ist vor jeder geplanten Betriebsänderung, die nachteilige Folgen für die Arbeitnehmer haben kann, rechtzeitig und umfassend zu informieren. Der Unternehmer ist verpflichtet, mit dem Betriebsrat die geplante Betriebsänderung zu beraten. Solange dies nicht geschehen ist, hat der Unternehmer die Betriebsänderung zu unterlassen. Siehe auch "Wie soll verhandelt werden?"

Begriffe "rechtzeitig" und "umfassend"

"Rechtzeitig" ist die Unterrichtung, wenn der Betriebsrat noch die Möglichkeit hat, auf die Entscheidung Einfluss zu nehmen. Die Umsetzung der geplanten Maßnahme darf also noch nicht begonnen haben.

"Umfassend" ist eine Unterrichtung nur dann, wenn der Betriebsrat in die Lage versetzt wird, dem Arbeitgeber als gleichgewichtiger Verhandlungspartner gegenüberzutreten. Der Arbeitgeber muss den Betriebsrat also über Inhalt, Gründe und Auswirkungen der beabsichtigten Maßnahme möglichst ausführlich anhand von nachvollziehbaren Informationen und Unterlagen in Kenntnis setzen.

Zum Begriff "rechtzeitig" und "umfassend" hat das BAG auch klargestellt: "Die Verpflichtung, den Betriebsrat und ggf. den Wirtschaftsausschuss des BR rechtzeitig und umfassend zu unterrichten, soll sicherstellen, dass der Betriebsrat (Gesamtbetriebsrat) vor Durchführung der Maßnahme seine Beratungsaufgaben bezüglich der Gesamtplanung wahrnehmen kann, weil sich die Gesamtplanung in der Regel z.B. auch auf die Personalplanung auswirkt" (BAG 20.11.1984, EzA § 106 BetrVG 1972 Nr. 6). Damit hat auch das BAG deutlich gemacht, dass insbesondere Planinformationen für die Unterrichtung des Betriebsrats von erheblicher Bedeutung sind.

Der Unternehmer hat besonders die zu erwartenden sozialen und personellen Auswirkungen der unternehmerischen Planung zu erörtern. Im Rahmen dieser Beratungsgespräche haben der Unternehmer und der Betriebsrat darüber zu entscheiden, ob und wie die Betriebsänderung durchgeführt wird. Des weiteren geht es um den evtl. Ausgleich von wirtschaftlichen Nachteilen aufgrund der Betriebsänderung (die Folge ist ggf. eine schriftliche Vereinbarung zum Interessenausgleich und/oder ein erzwinbarer Sozialplan gem. § 112 BetrVG).

Interessenausgleich und Sozialplan

Es existiert eine inhaltliche Trennung zwischen Interessenausgleich und Sozialplan:

  • Der freiwillig zu vereinbarende Interessenausgleich wirkt präventiv, soll das Entstehen von Nachteilen durch die vereinbarte Form der Betriebsänderung verhindern,
  • der per Einigungsstelle erzwingbare Sozialplan wirkt hingegen kompensatorisch, soll also die durch eine Betriebsänderung entstehenden Nachteile mildern.

Wie soll verhandelt werden?

Arbeitgeber und Betriebsrat haben im Rahmen der vertrauensvollen Zusammenarbeit mit dem ernsthaften Willen zur Einigung zu verhandeln (§ 2 BetrVG). Bevor aber der Betriebsrat seine Informationsrechte nicht vom Arbeitgeber erfüllt bekommen hat, sollten keinerlei Verhandlungen zum Interessensausgleich oder gar zum folgenschwereren Sozialplan begonnen werden. Es kann doch nicht über etwas verhandelt werden, dessen Folgen für die Belegschaft überhaupt noch nicht abgeschätzt werden können. Also ist seitens des Betriebsrats die Informationsphase strikt von der Verhandlungsphase zu trennen (man verhandelt doch auch nicht über die Abmessungen einer Garage, wenn man noch gar nicht weiß, ob man überhaupt ein Auto braucht und wenn ja, wie es dann letztendlich aussieht).

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