BetrVG § 2 - Zusammenarbeit
Betriebsverfassungsgesetz - Stellung der Gewerkschaften und Vereinigungen der Arbeitgeber - § 2 BetrVG
§ 2 BetrVG - Stellung der Gewerkschaften und Vereinigungen der Arbeitgeber
(1) Arbeitgeber und Betriebsrat arbeiten unter Beachtung der geltenden
Tarifverträge vertrauensvoll und im Zusammenwirken mit den im Betrieb
vertretenen Gewerkschaften und Arbeitgebervereinigungen zum Wohl der Arbeitnehmer
und des Betriebs zusammen.
(2) Zur Wahrnehmung der in diesem Gesetz genannten Aufgaben und
Befugnisse der im Betrieb vertretenen Gewerkschaften ist deren Beauftragten
nach Unterrichtung des Arbeitgebers oder seines Vertreters Zugang zum Betrieb
zu gewähren, soweit dem nicht unumgängliche Notwendigkeiten des
Betriebsablaufs, zwingende Sicherheitsvorschriften oder der Schutz von
Betriebsgeheimnissen entgegenstehen.
(3) Die Aufgaben der Gewerkschaften und der Vereinigungen der
Arbeitgeber, insbesondere die Wahrnehmung der Interessen ihrer Mitglieder,
werden durch dieses Gesetz nicht berührt.
Anmerkungen (aus der Rechtsprechung):
Zusammenarbeit Arbeitgeber und Betriebsrat
Die Vorschrift enthält in Abs. 1 zunächst das Gebot der vertrauensvollen
Zusammenarbeit zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat. Dieser Grundsatz sowie
das in § 74 Abs. 2
enthaltene Arbeitskampfverbot für den BR, aber auch die Bindung des BR
an das gesetzlich nicht näher definierte "Betriebswohl" (das Wohl der
Erwerbsgrundlage aller ArbeitnehmerInnen) setzt diesen Begriff im Wesentlichen
mit dem wirtschaftlichen Interesse des AG gleich. Gleichwohl behält er
auch nach Ansicht des Bundesarbeitsgerichts seinen Charakter als Interessenvertretung,
weil er zumindest in erster Linie die Interessen der Arbeitnehmer des Betriebes
vertritt. Dies schließt es jedenfalls aus, den BR als ordnungspolitisches
Instrument zur Durchsetzung von AG-Interessen zu begreifen. Das Gebot der
"vertrauensvollen Zusammenarbeit" kann unter Berücksichtigung des Wortlauts
des Abs. 1 und der unterschiedlichen Stellung und Aufgabe von "Betriebsrat" und
"Gewerkschaften" nicht auf das Verhältnis von Arbeitgeber und Gewerkschaften
übertragen werden.
Zusammenarbeit mit ext. Organisationen
Neben der Zusammenarbeit zwischen AG und BR spricht die Bestimmung
das Zusammenwirken beider Betriebsverfassungsorgane mit den Tarifparteien
(Arbeitgeber und Gewerkschaft) im Rahmen der Betriebsverfassung an, wobei sich
der Arbeitgeber der Unterstützung seines Arbeitgeberverbandes, der
Betriebsrat der Unterstützung durch die im Betrieb vertretende Gewerkschaft
bedienen werden.
Die Regelung des Abs. 1 verdeutlicht, dass sich die Zusammenarbeit
des Betriebsrats mit der Gewerkschaft nicht nur dort zu vollziehen hat, wo
diese konkrete betriebsverfassungsrechtliche Aufgaben erfüllt, wie z. B.
durch die Teilnahme an BR-Sitzungen (§ 31 BetrVG) oder Betriebs- und Abteilungsversammlungen (§ 46 Abs. 1 BetrVG),
sondern schlechthin in allen Fragen der Betriebsverfassung.
Das Recht der Gewerkschaften, den Betrieb zu betreten
Nach § 2 Abs. 2 BetrVG hat der Arbeitgeber Zutritt zu gewähren, wenn eine im
Betrieb vertretene Gewerkschaft zur Wahrnehmung ihrer betriebsverfassungsrechtlichen
Aufgaben, die in § 31
und § 46 Abs.1 S. 1 BetrVG
hinsichtlich der Teilnahme an Betriebsratssitzungen und Betriebsversammlungen
spezialgesetzliche Ausformungen erfahren haben, Beauftragte in den Betrieb
senden. In dem Zusammenhang obliegt ausschließlich der Gewerkschaft die
Auswahlentscheidung. Allerdings kann der Arbeitgeber ausnahmsweise unter
dem Gesichtspunkt des Rechtsmissbrauchs (§ 242 BGB) einem bestimmten
Gewerkschaftsbeauftragten aus Gründen in dessen Person den Zutritt
verweigern, wenn dieser in der Vergangenheit den Betriebsfrieden nachhaltig
gestört oder den Arbeitgeber grob beleidigt hat und eine Wiederholung
des Verhaltens zu befürchten steht. (LAG Hamm 13 TaBV 58/05).
Das BetrVG schränkt die Gewerkschaften nicht ein
Die spezifischen koalitionspolitischen Aufgaben von Gewerkschaften
und AG-Verbänden sind in Abs. 3 angesprochen. Zugleich wird darin klargestellt,
dass die Funktionen und Aufgaben von "Betriebsrat" und "Gewerkschaften" im Betrieb
und im Rahmen der Betriebsverfassung "verschiedenartig" sind. § 2 Abs. 3 BetrVG
hat zugleich die Funktion zu verdeutlichen, dass die überbetrieblichen
koalitionspolitischen Aufgaben durch die in Abs. 2 angesprochenen
betriebsverfassungsrechtlichen Aufgaben nicht eingeschränkt werden. Dies
bedeutet, dass der BR - auch wenn er die Belange der nicht organisierten AN
vertritt - keine "Ersatzgewerkschaft" ist und die gewerkschaftliche
Interessenvertretung als solche im Betrieb nicht verdrängen kann.