BetrVG §§ 42, 44 , 45 und 46 - Betriebsversammlung, Themen
Betriebsverfassungsgesetz - Betriebsversammlung, Zusammensetzung, Teilversammlung, Abteilungsversammlung - §§ 42, 44, 45 und 46 BetrVG
§ 42 BetrVG - Betriebsversammlung, Zusammensetzung ... Abteilungsversammlung
(1) Die Betriebsversammlung besteht aus den Arbeitnehmern des Betriebs;
sie wird von dem Vorsitzenden des Betriebsrats geleitet. Sie ist nicht
öffentlich. Kann wegen der Eigenart des Betriebs eine Versammlung aller
Arbeitnehmer zum gleichen Zeitpunkt nicht stattfinden, so sind Teilversammlungen
durchzuführen.
(2) Arbeitnehmer organisatorisch oder räumlich abgegrenzter
Betriebsteile sind vom Betriebsrat zu Abteilungsversammlungen zusammenzufassen,
wenn dies für die Erörterung der besonderen Belange der Arbeitnehmer
erforderlich ist. Die Abteilungsversammlung wird von einem Mitglied des
Betriebsrats geleitet, das möglichst einem beteiligten Betriebsteil als
Arbeitnehmer angehört. Absatz 1 Satz 2 und 3 gilt entsprechend.
§ 44 BetrVG - Zeitpunkt und Verdienstausfall
(1) Die in den §§ 14a, 17 und 43
Abs. 1 bezeichneten und die auf Wunsch des Arbeitgebers einberufenen
Versammlungen finden während der Arbeitszeit statt, soweit nicht die
Eigenart des Betriebs eine andere Regelung zwingend erfordert. Die Zeit der
Teilnahme an diesen Versammlungen einschließlich der zusätzlichen
Wegezeiten ist den Arbeitnehmern wie Arbeitszeit zu vergüten. Dies gilt
auch dann, wenn die Versammlungen wegen der Eigenart des Betriebs außerhalb
der Arbeitszeit stattfinden; Fahrkosten, die den Arbeitnehmern durch die
Teilnahme an diesen Versammlungen entstehen, sind vom Arbeitgeber zu erstatten.
(2) Sonstige Betriebs- oder Abteilungsversammlungen finden
außerhalb der Arbeitszeit statt. Hiervon kann im Einvernehmen mit dem
Arbeitgeber abgewichen werden; im Einvernehmen mit dem Arbeitgeber während
der Arbeitszeit durchgeführte Versammlungen berechtigen den Arbeitgeber
nicht, das Arbeitsentgelt der Arbeitnehmer zu mindern.
§ 45 BetrVG - Themen der Betriebs- und Abteilungsversammlungen
Die Betriebs- und Abteilungsversammlungen können Angelegenheiten
einschließlich solcher tarifpolitischer, sozialpolitischer, umweltpolitischer
und wirtschaftlicher Art sowie Fragen der Förderung der Gleichstellung von
Frauen und Männern und der Vereinbarkeit von Familie und Erwerbstätigkeit
sowie der Integration der im Betrieb beschäftigten ausländischen Arbeitnehmer
behandeln, die den Betrieb oder seine Arbeitnehmer unmittelbar betreffen; die
Grundsätze des § 74 Abs. 2 finden Anwendung. Die Betriebs-
und Abteilungsversammlungen können dem Betriebsrat Anträge unterbreiten und
zu seinen Beschlüssen Stellung nehmen.
§ 46 BetrVG - Beauftragte der Verbände
(1) An den Betriebs- oder Abteilungsversammlungen können
Beauftragte der im Betrieb vertretenen Gewerkschaften beratend teilnehmen.
Nimmt der Arbeitgeber an Betriebs- oder Abteilungsversammlungen teil, so
kann er einen Beauftragten der Vereinigung der Arbeitgeber, der er
angehört, hinzuziehen.
(2) Der Zeitpunkt und die Tagesordnung der Betriebs- oder
Abteilungsversammlungen sind den im Betriebsrat vertretenen Gewerkschaften
rechtzeitig schriftlich mitzuteilen.
Anmerkungen (aus der Rechtsprechung):
Teilnehmerkreis
Die Betriebsversammlung, Teilversammlung bzw. Abteilungsversammlung besteht
aus den AN des Betriebs. Dieser Grundsatz wird jedoch vom Gesetz erweitert.
So haben laut § 43 Abs. 2 Satz 1 der Arbeitgeber (bzw. sein offiziell von
ihm benannter Vertreter) und die im Betrieb vertretenen Gewerkschaften (§ 46 Abs. 1 Satz 1)
ein Teilnahmerecht. Der Arbeitgeber kann auch einen Beauftragten der Vereinigung
der Arbeitgeber hinzuziehen (siehe § 46 Abs. 1 Satz 1). Dagegen sind die leitenden
Angestellten nach § 5 Abs.
3 von Gesetzes wegen nicht teilnahmeberechtigt. Die Teilnahme von leitenden
Angestellten ist jedoch möglich, wenn sie der BR zu der Versammlung zulässt
oder wenn sie als Vertreter des AG teilnehmen.
Nichtöffentlichkeit
Die Betriebsversammlung ist nicht öffentlich (Abs. 1 Satz 2). Das bedeutet
vor allem, dass die Versammlung grundsätzlich in geschlossenen Räumen abzuhalten
ist, weil regelmäßig nur dort die Nichtöffentlichkeit aufrechterhalten werden
kann. Eine Beschränkung des Teilnehmerkreises muss auf diejenigen Personen
erfolgen, die entweder ein gesetzliches Teilnahmerecht haben oder vom Betriebsrat
wegen der bestehenden sachlichen Verbindung zur Betriebsversammlung eingeladen
worden sind. Liegt für die Teilnahme betriebsfremder Personen, die der BR
eingeladen hat, ein sachlicher Grund vor und wird § 45 des BetrVG hinsichtlich der behandelten Themen berücksichtigt,
wird der Grundsatz der Nichtöffentlichkeit der Betriebsversammlung durch die
Teilnahme dieser Personen nicht verletzt.
Öffentlich ist eine Versammlung immer dann, wenn der Kreis der Teilnehmer
unbestimmt bleibt, sie also grundsätzlich jedermann zugänglich ist. Sachfremde
Einflüsse sollen von der Betriebsversammlung fern gehalten werden, damit die
Arbeitnehmer des Betriebs die gesetzlichen Möglichkeiten, die ihnen die
Betriebsversammlung bietet, unbeeinflusst wahrnehmen können.
Versammlungsleiter
Der Versammlungsleiter (bei Betriebsversammlungen gem. § 42 Abs. 1 BetrVG immer der Vorsitzende des Betriebsrats)
ist verpflichtet, auf die Einhaltung des Grundsatzes der Nichtöffentlichkeit
zu achten und allen Nichtteilnahmeberechtigten den Zutritt zu verwehren. Dass
bedeutet auch, dafür zu sorgen, dass der Teilnehmerkreis jederzeit überprüfbar
ist.
Tonbandaufzeichnungen der Betriebsversammlung sind ohne Zustimmung und ohne
entsprechenden Hinweis des Versammlungsleiters den Teilnehmern der
Betriebsversammlung gegenüber in jedem Fall unzulässig. Jeder Teilnehmer hat
dabei aber das Recht, die Aufnahme seiner Wortbeiträge zu untersagen. Der
Vorsitzende des Betriebsrats ist verpflichtet, etwaige Tonbandaufnahmen für
den BR sicher zu verwahren, er darf sie Dritten nicht zugänglich machen. Der
Arbeitgeber hat kein Einsichtsrecht bezüglich der vom Betriebsrat rechtmäßig
vorgenommenen Tonbandaufzeichnungen oder erstellten Wortprotokolle. Unzulässig
ist auch die Anfertigung von Wortprotokollen durch den AG, da durch solche
Protokolle die freie Meinungsäußerung behindert wird. Dies gilt auch für die
stichwortartige Protokollierung des Inhalts von Wortbeiträgen einzelner
Arbeitnehmer durch den Arbeitgeber (bzw. durch dessen Beauftragte), da ein
derartiges Verhalten des AG regelmäßig geeignet ist, die Betriebsversammlung
als ein Forum der freien Meinungsäußerung und der kritischen Auseinandersetzung
in ihrer Funktion zu beeinträchtigen.
Information an die Gewerkschaft - Teilnahmerecht
Wenn wenigstens ein BR-Mitglied Mitglied einer Gewerkschaft ist, ist der
BR-Vorsitzende bzw. im Verhinderungsfall sein Stellvertreter verpflichtet,
dieser Gewerkschaft den Zeitpunkt und die Tagesordnung der Betriebs- oder
Abteilungsversammlungen rechtzeitig und schriftlich mitzuteilen (natürlich
auch den Ort soweit nicht hinlänglich bekannt). Es reicht also nicht aus,
dass eine Gewerkschaft im Betrieb vertreten ist. Die Unterrichtungspflicht
besteht hinsichtlich aller Betriebs- und Abteilungsversammlungen. Ein Verstoß
gegen diese gesetzliche Verpflichtung aus § 46 (2) BetrVG kann eine grobe
Pflichtverletzung i. S. d. § 23 Abs. 1 BetrVG liegen. Wichtig ist in diesem Zusammenhang,
dass die Unterrichtung sowohl schriftlich als auch rechtzeitig erfolgen muss.
D. h., dass der im BR vertretenen Gewerkschaft Ort, Zeitpunkt und Tagesordnung
der Betriebs- oder Abteilungsversammlung so frühzeitig bekannt gegeben werden
müssen, dass sie noch ausreichend Gelegenheit hat, sich auf die Versammlung
und die zu erörternden Themen terminlich und sachlich einzustellen.
Gemäß § 46 (1) BetrVG haben die Beauftragten der im Betrieb vertretenen
Gewerkschaften über den allgemeinen Zugang zum Betrieb nach § 2 (2) BetrVG
hinaus das Recht, an allen Betriebs- oder Abteilungsversammlungen teilzunehmen.
In diesen Fällen bedarf es auch keiner vorherigen Anmeldung beim Arbeitgeber
(§ 46 BetrVG ist in dieser Angelegenheit weitergehend als § 2 Abs. 2 BetrVG)
oder gar einer Genehmigung durch den Arbeitgeber. Der Arbeitgeber kann einem
Beauftragten einer im Betrieb vertretenen Gewerkschafts die Teilnahme an der
Betriebs- oder Abteilungsversammlung nicht verwehren, solange dieser nicht
nachweislich den Betriebsfrieden nachhaltig stört.
Wen die Gewerkschaft als Beauftragten zu einer Betriebs- oder Abteilungsversammlung
entsenden will, entscheidet sie selbst. Der Gewerkschaftsbeauftragte nimmt
an der Betriebs- oder Abteilungsversammlung beratend teil, d. h. er kann das
Wort ergreifen und zu den anstehenden Themen Stellung nehmen. Auch der
Versammlungsleiter hat nicht das Recht, den Beauftragten der Gewerkschaft
das Rederecht zu verwehren.